Selbstbau einer 70cm-Endstufe – Design und Schaltplan

Willkommen, nach über einem Jahr, zurück zum 70cm-PA-Projekt! Leider gab es bei der Inbetriebnahme einige Probleme, daher habe ich damals nichts mehr geschrieben. Zeitweise war unsicher, ob es überhaupt funktioniert. Mit einigen Tipps von den erfahrenen Verstärker-Bastlern im Ortsverband hat es am Ende doch geklappt. Daher wird die Serie jetzt (zum Großteil aus dem Gedächtnis) fortgesetzt.

In diesem Artikel geht es um die Umsetzung der Anforderungen in eine Schaltung.

Die Anforderungen waren:

Lineare Endstufe

Eine lineare Endstufe zeichnet sich dadurch aus, dass sie ein amplitudenmoduliertes Signal verzerrungsfrei verstärken kann. Der Gegensatz dazu ist eine reine FM-Endstufe: diese ist absichtlich übersteuert und erzeugt damit extreme Verzerrungen (vor allem Oberwellen), die jedoch mit Filtern wieder entfernt werden. Dies sorgt für einen hohen Wirkungsgrad, erlaubt es aber nicht, die Amplitude zu modulieren, da diese Information durch die Übersteuerung verloren ginge.

Komponentenwahl und Aufbau

Ich habe für dieses Projekt den HF-Transistor AFT05MS004NT1 gewählt, da dieser bei Leistung und Frequenzbereich gut zu passen schien. Laut dem Datenblatt können mit einem dieser Transistoren mehr als 4 W Ausgangsleistung bei über 70 % Wirkungsgrad bei 520 MHz erreicht werden. Dies gilt allerdings nur im FM-Betrieb; im Linearbetrieb wird der Wirkungsgrad schlechter sein.

Da die Verstärkung einer Stufe nicht ausreicht, habe ich mich für eine Kaskadierung entschieden: die erste Stufe ist ein einzelner Transistor im Klasse-A-Betrieb, d.h. der Leerlaufstrom wird so eingestellt, dass jederzeit der HF-Strom daraus gestellt werden kann. Dies ist sehr ineffizient, aber bei geringen Ausgangsleistungen (hier <0.5 W) tolerierbar.

Die zweite Stufe (die Endstufe) besteht aus zwei Transistoren im Gegentakt-Betrieb. Der Arbeitspunkt entspricht der Klasse AB, d.h. der Ruhestrom wird so eingestellt, dass die Transistoren bei einer Ansteuerung sofort zu leiten beginnen. Idealerweise wird so ein sauberer Übergang von einem Transistor zum anderen erreicht, wenn das Eingangssignal die Polarität wechselt.

Um beide Halbwellen verstärken zu können, wird das Signal von der ersten Stufe symmetrisiert. Dazu befindet sich vor den Transistoren ein Balun. Die Transistoren verstärken also gespiegelte Signale. Nach den Transistoren werden die Signale mit einem weiteren Balun wieder zusammengeführt.

Arbeitspunkt-Einstellung

Prinzipiell lässt sich der Arbeitspunkt eines MOSFETs durch Anlegen einer Gleichspannung am Gate einstellen. Das gilt auch für HF-Verstärker, allerdings muss hier sichergestellt werden, dass das HF-Signal, das sich ja auch am Gate befindet, nicht die vorgesehene Leitung verlässt. Daher habe ich die Spannung über einen 50 Ω-Widerstand zugeführt, der gleichzeitig als Abschluss dient und die Stabilität der Endstufe erhöhen soll. Auf der Gleichspannungsseite des Widerstands sorgen mehrere Kondensatoren dafür, dass das HF-Signal nach Masse abgeleitet wird.

Aus früheren PA-Experimenten wusste ich, dass es bei MOSFETs ein Problem ist, wenn sie eine konstante Vorspannung (Bias) am Gate haben und die Temperatur ansteigt. Dann sinkt nämlich die Schwellenspannung des Transistors, der Strom an Drain steigt weiter an und damit erhöht sich auch die Verlustleistung. Diese führt zu weiter ansteigender Temperatur, die wiederum zu ansteigender Leistung führt… ein Teufelskreis, der damit endet, dass der Transistor durchbrennt. Daher muss hier gegengesteuert werden. Ich habe dafür in den Spannungsteiler am Gate zwei normale Siliziumdioden (LL4148) eingefügt, die thermisch mit dem Transistor gekoppelt sind. Auch die Flussspannung dieser Dioden reduziert sich, wenn sie wärmer werden. So fällt die Gate-Spannung, wenn der Transistor und damit die Dioden wärmer werden, der Teufelskreis ist durchbrochen und das sogenannte „thermische Durchgehen“ ist verhindert.

Anpassschaltung

Wie bei jeder HF-Schaltung muss natürlich auch hier die Impedanz der Transistoren an den umgebenden Wellenwiderstand angepasst werden, um optimale Leistungsübertragung sicherzustellen. Dies habe ich mit Hilfe des Smithdiagramms und diesem Online-Tool erledigt. Ich will die Vorgehensweise hier anhand des Transistoreingangs in der Gegentaktendstufe zeigen.

Zuerst ist die anzupassende Impedanz festzustellen. Diese kann gemessen werden oder (in diesem Fall viel einfacher) aus dem Datenblatt entnommen werden. Für den AFT05MS004NT1 gibt es Angaben für 430 MHz mit und für 440 MHz mit . Da ich das gesamte 70cm-Band möglichst gut abdecken will, wähle ich den Mittelwert .

Nun ist unbedingt die Richtung der Impedanzangabe zu beachten! Im Datenblatt wird diese nämlich in Richtung der Quelle angegeben, wir benötigen jedoch die Impedanz in Lastrichtung (man beachte den Hinweis im Smith-Chart-Tool: impedance is looking towards the BLACK BOX). Daher müssen wir den Wert komplex konjugieren, um die richtige Anpassschaltung zu erhalten. Es ergibt sich: .

Das Ziel ist also, diese Impedanz an die Ausgangsimpedanz des Baluns anzupassen. Diese beträgt insgesamt (zwischen beiden Eingängen der Gegentaktendstufe) 50 Ω, und in einem Zweig entsprechend 25 Ω. Der Einfachheit halber wählen wir daher auch den Wellenwiderstand zu 25 Ω.

Eine weitere benötigte Angabe ist die effektive Permittivität der Leiterbahn. Diese wird aus der Geometrie der Leiterbahn und der relativen Permittivität des Substrats der Leiterplatte berechnet, beispielsweise mit dem in KiCad enthaltenen PCB Calculator. ist in der Dokumentation des Leiterplattenherstellers zu finden. Für meine Leiterbahnen ergibt sich .

Nun kann die prinzipielle Schaltung im Smith-Chart-Tool eingegeben werden. Dabei sind unbedingt auch Leitungen zwischen den Bauteilen zu beachten!

Ziel bei der Anpassung ist immer, durch geschicktes Hinzufügen von Bauteilen und Leiterbahnen den Impedanzpunkt in die Mitte des Diagramms zu bekommen, welche die Zielimpedanz von (hier) 25 Ω repräsentiert. Im konkreten Fall funktioniert das gut mit Kondensatoren gegen Masse. Folgender Screenshot zeigt das Ergebnis:

Anpassung am Transistoreingang mit Hilfe des Smith-Diagramms.

Um Abweichungen auf der realen Leiterplatte ausgleichen zu können, wird der vom Transistor am weitesten entfernte Kondensator als Drehkondensator ausgeführt.

Dadurch, dass diese Schaltung in beiden Zweigen der Gegentaktendstufe vorkommt, und unter der Annahme, dass sich beide Zweige symmetrisch verhalten, können Bauteile eingespart werden: in jedem Zweig gibt es einen Kondensator gegen Masse mit dem gleichen Wert. Diese Kondensatoren können durch einen ersetzt werden, der den halben Wert hat und direkt zwischen Leitungen der Zweige sitzt. Die Masseverbindung entfällt dadurch, elektrisch gesehen gibt es aber keinen Unterschied zur Originalschaltung.

Diese Vorgehensweise ist nun für alle Schaltungsteile zu wiederholen, wo eine Impedanzanpassung nötig ist. Hier betrifft das noch den Ausgang der Gegentaktendstufe, sowie den Ein- und Ausgang der Vorstufe. Alles andere ist bereits auf 50 Ω Wellenwiderstand ausgelegt.

Die fertige Schaltung mit allen Anpasselementen ist am Ende des Artikels zu finden.

Sende-Empfangsumschaltung mit pin-Dioden

Die geforderte Umschaltzeit zwischen Senden und Empfangen ist 1 Millisekunde. Dies ist mit Relais nicht zu erreichen, denn diese arbeiten eher im Bereich von 10 ms aufwärts. Daher habe ich eine andere Methode gewählt: pin-Dioden.

Eine pin-Diode hat zwischen den p- und n-dotierten Halbleiterschichten eine undotierte Schicht (i-Schicht), die die Diode „träge“ macht: fließt kein Gleichstrom durch die Diode, befinden sich in der undotierten Schicht sehr wenige Ladungsträger. Wird in diesem Fall ein HF-Signal angelegt, kann dieses durch seine kurze Periodendauer die undotierte Schicht nicht mit Ladungsträgern füllen, die Diode bleibt daher schlecht leitend. Dieser Effekt lässt sich noch verstärken, indem an die Diode in Sperrichtung eine Spannung angelegt wird. Wird die pin-Diode hingegen von Gleichstrom durchflossen, befinden sich permanent Ladungsträger in der i-Schicht, ein überlagertes HF-Signal kann daher beinahe ungehindert passieren. Die pin-Diode ist also ein stromgesteuerter HF-Schalter.

Interessant ist dabei, dass bereits ein geringer Gleichstrom ausreicht, um große HF-Ströme fließen zu lassen.

Komponentenwahl und Berechnung

Ich habe als pin-Diode die SMP1320 gewählt. Für diese is spezifiziert, dass sie bei 10 mA Gleichstrom einen HF-Widerstand von maximal 0,9 Ω hat. Außerdem beträgt die maximale Sperrspannung 30 V.

Die maximale HF-Spannung, die gesperrt werden soll, liegt am Eingang des Empfängers an, wenn die erwarteten 5 W Ausgangsleistung erreicht werden. Diese kann mit dem Wellenwiderstand von 50 Ω wie folgt berechnet werden:

An dieser Stelle sind also noch 7,64 V Abstand zum Maximum. Das ist etwas wenig, um die Diode noch negativ vorzuspannen, daher werden am Empfängereingang zwei Dioden in Reihe geschaltet. Das erhöht außerdem die Dämpfung im ausgeschalteten Zustand.

An allen anderen Stellen ist die HF-Spannung wesentlich geringer und daher auch mit einer Diode eine hohe Vorspannung möglich, am Eingang werden beispielsweise nur 10 mW erwartet, womit sich ergibt:

Das heißt, die Diode kann theoretisch mit -29 V beaufschlagt werden, um die Sperrdämpfung zu verbessern!

Um eine einigermaßen hohe Vorspannung zur Verfügung zu haben, enthält die Schaltung eine Ladungspumpe auf Basis des ICM7555, eine effizientere Variante des bekannten NE555-Timer-ICs. Diese Ladungspumpe verdoppelt annähernd die Versorgungsspannung, so dass bei Betrieb mit 12 V ca. 22 V für den Betrieb der PIN-Dioden bereit stehen.

Da die Diode sowohl in Fluss- als auch in Sperrichtung betrieben werden muss, darf kein Anschluss der Diode auf Masse liegen; sonst wäre eine negative Spannung zum Betrieb nötig. Daher wird die Anode über einen Vorwiderstand auf 5V gezogen. An der Kathode werden über einen (sehr großen) Pullup-Widerstand die 22 V angelegt, so dass eine Sperr-Vorspannung von 17 V entsteht. Soll die Diode eingeschaltet werden, zieht ein Transistor die Anode auf Masse, so dass ein Gleichstrom von der 5 V-Versorgung durch die Diode fließt.

Wichtig zu beachten ist bei der Auslegung, dass die zulässige Verlustleistung der pin-Diode nicht überschritten wird, wenn diese eingeschaltet ist. Diese setzt sich aus dem Gleichstromanteil und dem HF-Anteil zusammen und kann aus folgenden Werten berechnet werden, wobei die Zahlen sich auf die hier verwendete SMP1320 beziehen:

Der HF-Strom kann aus der transportierten Leistung und dem Wellenwiderstand berechnet werden:

Der höchste HF-Strom tritt in dieser Schaltung wieder bei 5 W Sendeleistung auf, daher ist

Nun kann die Verlustleistung in der pin-Diode berechnet werden:

Laut Datenblatt verträgt die SMP1320 bis zu 400 mW, daher kann sie in diesem Projekt bedenkenlos eingesetzt werden.

Der Empfangsverstärker

Die Eingänge üblicher USB-SDRs sind meist leider nicht sehr empfindlich, daher habe ich in diesem Projekt einen Empfangsverstärker vorgesehen.

Meine Wahl fiel hier auf den SPF5043Z von Qorvo, einen rauscharmen Verstärker mit integrierter Anpassschaltung, der von 50 MHz bis 4 GHz funktioniert. Dieser Verstärker hat außerdem den Vorteil, dass er recht hohe Eingangsleistungen verträgt (+25 dBm!) und es somit auch kein Problem sein sollte, wenn der pin-Dioden-Umschalter am Antennenanschluss eine geringere Dämpfung hat als erwartet.

Spannungsversorgung

Der Verstärker arbeitet mit drei Spannungsleveln, wobei nur eine Spannung extern angelegt werden muss:

Da die Endstufentransistoren auch im Leerlauf erheblichen Strom ziehen, wird die Endstufe im Empfangsfall abgeschaltet. Dabei wird mit Hilfe eines MOSFETs die 5 V-Referenz für die Gate-Vorspannung der Endstufe getrenns, so dass die Transistoren vollständig sperren. So ist kein hochstromfähiger Schalter für die Endstufe nötig.

Schaltplan

Aus den obigen Überlegungen habe ich schließlich diesen Schaltplan (PDF) erstellt.

So weit zum Design des Verstärkers. Im nächsten Artikel geht es um das Layout und die Testergebnisse.

Alle Artikel zu diesem Projekt sind unter dem Tag #70cm-5W-PA zu finden.